April 2019
Vom einstigen Luxusgut ist Kaffee hierzulande zum alltäglichen und sogar beliebtesten Getränk avanciert. Er wird heute in unzähligen Variationen angeboten: Café Latte, Espresso, Cappuccino, Frappuccino, Latte macchiato, Espresso, Espresso lungo, Café crème, Café mocca ... Und der gute alte Filterkaffee? Scheint, als sei er gänzlich aus der Mode gekommen.
Im Durchschnitt trinkt jeder Bundesbürger vier Tassen Kaffee am Tag. Lange waren üble Gerüchte über das Heißgetränk im Umlauf: Er schwäche die Nerven, verursache Herzkrankheiten, mache sogar impotent. Alles Ammenmärchen, wie wir Ihnen im Folgenden zeigen werden. Vielleicht brühen Sie sich zum Lesen eine schöne Tasse Kaffee dazu auf?
Nein, nicht wenn er regelmäßig getrunken wird. Fest steht: Koffein wirkt harntreibend. Doch unser Körper hat Gegenregulationsmechanismen dafür. Besonders gut funktionieren die, wenn Kaffee regelmäßig in konstanter Menge konsumiert wird. Aber: Aufgrund seiner anregenden Wirkung nicht als Durstlöscher nutzen!
Als Droge kann man Kaffee zwar nicht bezeichnen, dennoch können beim Absetzen der üblichen Tagesdosis so etwas wie Entzugserscheinungen auftreten. Das hängt mit der leistungssteigernden Wirkung des Koffeins zusammen (siehe unter „Steigert die Leistungsfähigkeit“). Wird der übliche Kaffeekonsum abrupt abgesetzt, kann es zu Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Konzentrationsschwächen kommen.
Im Gegenteil: Zwei bis vier Tassen Kaffee senken das Risiko für Herzerkrankungen um bis zu 20 Prozent. Vermutet wird ein Zusammenhang mit den enthaltenen Antioxidantien, die gegen die zellschädigenden freien Radikalen wirken.
Nein. Kaffeebohnen sind porös. Sie nehmen schnell Feuchtigkeit auf (kann zu Schimmel führen) und Essensgerüche an. Also: Bohnen frisch kaufen, im luftdichten Gefäß bei Raumtemperatur lagern und innerhalb einer Woche verbrauchen.
Irrtum, ein nicht zu starker Kaffee ist eine perfekte Einschlafhilfe. Denn: In den ersten 30 Minuten nach Genuss hat Kaffee eine beruhigende Wirkung. Erst danach setzt der aufputschende Effekt ein. Nur ganz kurz vorm Schlafengehen trinken.
Irrtum. Eine Tasse Filterkaffee enthält mehr Koffein (ca. 100 mg) als ein Espresso (50 mg).
Nein, Kaffee beschleunigt den Alkohol-Abbau nicht. Die Leberleistung wird nicht erhöht, nur die wach machende Wirkung kann sich positiv auf den Kater auswirken.
Nein, im Gegenteil. Eine Studie der Uni Michigan ergab, dass Kaffeetrinker sexuell wesentlich aktiver sind als Abstinenzler. Und brasilianische Wissenschaftler entdeckten: Die Spermien von Kaffeetrinkern sind deutlich beweglicher als die von Kaffee-Verschmähern.
Kaffee hat nur 2 Kalorien pro 100ml – also praktisch keine (natürlich ohne Milch- oder Sahnezusatz). Mehr noch: Das Koffein regt den Stoffwechsel an, fördert die Freisetzung von Energie und Wärme aus den eigenen Fettspeichern. Somit ist es dem Fettabbau zuträglich.
Stimmt nicht, im Gegenteil: Die Tasse Kaffee davor kann Muskelschmerzen vorbeugen und die Ausdauerfähigkeit erhöhen. Australische Forscher stellten zudem eine Erhöhung der Muskel-Reaktionskraft fest.
Nun ja, dieser Satz stammt aus der Zeit des Barocks. Als die Menschen blass geschminkt, mit rot bemalten Lippen und dick gepuderten Perücken umherliefen. In dieser Zeit wurde Kaffee ausschließlich kalt getrunken. Grund: Beim Kaffeedampf wäre die Schminke verlaufen. Also: Damals machte kalter Kaffee schön!
Verantwortlich hierfür ist das Zusammenspiel mit dem körpereigenen Stoff Adenosin.
Er entsteht als Abfallprodukt des Energieverbrauchs. Erhöht sich seine Konzentration, wird signalisiert: „Erschöpfung droht.“ Die Weiterleitung von Signalen innerhalb der Nervenzellen wird langsamer: Wir fühlen uns müde. Koffein dockt an den Adenosin-Rezeptoren an und blockiert so ihre Besetzung. Zudem aktiviert es die Signalweiterleitung der Nervenzellen. Folge: Wir werden munterer. Setzen wir (etwa am Wochenende) die gewohnte Kaffee-Dosis ab, steigt die Produktion des Adenosins in den Nervenzellen. Die Hirn-Durchblutung wird erhöht, was zu Kopfschmerzen führen kann.
US-Forscher fanden bei Frauen, die täglich mindestens vier Tassen Kaffee tranken, ein um 50 Prozent reduziertes Risiko, an Diabetes zu erkranken. Sie vermuten, dass das enthaltene Magnesium und einige Antioxidantien dafür verantwortlich sind.
Madrider Wissenschaftler kamen zu dem Schluss: Je höher der Kaffeekonsum, desto niedriger die Sterblichkeit. Bei Männern, die täglich sechs Tassen tranken, wurde eine um 20 Prozent niedrigere Gesamtsterblichkeit als bei Nichtkaffeetrinkern ermittelt, bei Frauen 17 Prozent. Bei vier bis fünf Tassen täglich lag das Sterberisiko sogar um satte 26 Prozent niedriger. Kaffee schützt eben vor zahlreichen Krankheiten, bestätigten die Forscher.
Das fanden japanische Forscher in einer Studie mit 90.000 Teilnehmern heraus. Je mehr Kaffee die Probanden tranken, desto deutlicher sank ihr Risiko für Leber- und Darmkrebs. Bei fünf Tassen und mehr ging es um etwa 76 Prozent zurück. Schon zwei Tassen am Tag senken das Darmkrebsrisiko fast um die Hälfte (48 Prozent).
Mäßiger Kaffeekonsum (drei bis fünf Tassen täglich) senkt das Alzheimer-Risiko um bis zu 65 Prozent! Dies gilt vor allem für Menschen ab 50. Forscher vermuten, dass hier das Koffein eine Rolle spielt.
Koffein wirkt stark abschwellend und unterstützt den Abtransport von Schlackestoffen. Am besten mit Eischnee verrühren und auf Augen und vor allem Tränensäcke auftragen, einwirken lassen. In Verbindung mit Olivenöl und etwas Honig auch toll als Gesichtspeeling. Mit Meersalz und Olivenöl wirkt er straffend für das Bindegewebe (gut bei Cellulitis).
Menschen, die unter Bluthochdruck leiden und nicht regelmäßig Kaffee trinken, sollten mit dem Gebräu vorsichtig umgehen. Schon der Konsum von zwei Tassen Kaffee lässt den Blutdruck für drei Stunden ansteigen. Also: Besser mit dem Arzt beraten!
Bislang galt: Bis zu drei Tassen Kaffee am Tag sind unbedenklich. Doch britische Forscher entdeckten: Je mehr Koffein Frauen während der Schwangerschaft zu sich nehmen, desto geringer das Geburtsgewicht ihrer Kinder. Gegenüber werdenden Müttern, die weniger als etwa eine Tasse am Tag tranken, hatten Frauen, die zwei Tassen Kaffee tranken, ein bereits um 50 Prozent erhöhtes Risiko. Die Wissenschaftler vermuten, dass zu viel Koffein das Wachstum der Babys hemmt.
Menschen, die Probleme mit dem Magen haben, wird zu Espresso geraten. Durch die stärkere Röstung enthält er weniger Säure. Zudem ist die Extraktionszeit (die Zeit, in der das Wasser durch das Kaffeepulver gepresst wird) kürzer. Somit bleibt ein Großteil der Säuren im Kaffeepulver zurück.
Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Koffein. Typische Alarmzeichen für zu viel Kaffee sind zittrige Finger und Herzflattern. Ein hoher Kaffeekonsum birgt sogar die Gefahr zu halluzinieren. Immerhin: Ab einer Dosis von 1 Gramm wirkt Koffein giftig (dafür müssten wir allerdings 100 Tassen trinken).
Dennoch raten die Wissenschaftler: nicht mehr als sieben Tassen täglich!
Quelle: B.Z. vom 23. Oktober 2011 10:48 Bereich: Ernährung & Sport